Brutalismus light – Die Architektur des Landeskirchenamtes Düsseldorf

Mitte der 1960er Jahre herrschte in dem gründerzeitlichen Dienstgebäude des Landeskirchenamtes an der Düsseldorfer Inselstraße drangvolle Enge. Der 1936 vom damaligen Konsistorium bezogene Bau war nur für die Hälfte der nunmehr erreichten Mitarbeiterzahl ausgelegt. Es herrschte Konsens, einen „nüchternen“ Verwaltungsbau neu auf kirchlichem Grundstück im Stadtteil Derendorf zu errichten, „dem man nicht ansehen sollte, dass es sich um ein Landeskirchenamt handelt“ (so die entsprechende epd-Pressemitteilung).

Landeskirchenamt der EKiR und Archiv in Düsseldorf- damals und heute, Collage mit Fotos u.a. Harro Bleckmann und Hans Lachmann

Die 1965 für den Bauwettbewerb einberufene Preisjury war hochkarätig besetzt. Ihr gehörten an u. a. der für den Wiederaufbau Rotterdams maßgebliche niederländische Architekt Jo van den Broek,  die prominenten deutschen Architekten Dieter Oesterlen und Oswald Mathias Ungers sowie -last but not least- der einflussreiche Düsseldorfer Baudezernent Friedrich Tamms. Der ehemalige Mitarbeiter Albert Speers hatte Düsseldorf in dem Jahrzehnt zuvor konsequent im Sinne der „autogerechten Stadt“ umgestaltet. Von den 76 (!) eingereichten Entwürfen erhielt der Kölner Architekt Ulrich von Bonin den mit 12.000 DM dotierten ersten Preis.

Modellentwurf für das neue Landeskirchenamt in Düsseldorf, Ersteller: Bonner Architektenbüro Denninger, aus Bestand: AEKR 8SL 078 (Sonntagsgruß Saar – Fotosammlung), 195

Bonin trat später in den landeskirchlichen Dienst ein und wurde 1986 Leiter des Bauamtes. Der zweite Preis ging an das Bonner Architektenbüro Denninger, mit dem dritten Preis wurde die Düsseldorfer Architekten Paul Kuff und Felicitas Kuff-Stössel ausgezeichnet. Wettbewerb und Bauausführung sind in unserem Bestand LKA-Sachakten detailliert dokumentiert.

Modellentwurf für das neue Landeskirchenamt in Düsseldorf von Dipl. Ing. Paul Kuff und Dipl. Ing. Felicitas Kuff-Stössel, aus Bestand: AEKR 8SL 078 (Sonntagsgruß Saar – Fotosammlung), 196

Der Neubau in starker Anlehnung an den zeitgenössischen Brutalismus wurde 1971 bezogen. Nun rührt diese Stilbezeichnung zunächst einmal schlicht vom französischen „béton brut“ für Sichtbeton her. Die überlieferten Bauten jener Jahre erwecken freilich oft ganz andere Assoziationen trotz aller jüngsten Bemühungen um eine Rehabilitierung dieses Bauepoche. Beim Landeskirchenamt erregten die Verschmutzungen und Schäden an den Betonteilen bereits 1979 den Unmut der Hausleitung. In der Folge kam es in den folgenden zwei Jahrzehnten zu umfassenden Sanierungsmaßnahmen (Schutzanstrich, Einbau neuer Fenster). Daher ist das LKA Düsseldorf auch nicht in den Datenbanken zum Brutalismus enthalten, im Unterschied etwa zu dem zeitgleich erbauten Rank-Xerox-Haus. Die originale Betonverschalung von 1970 findet sich heute nur noch in einigen verborgenen Innenfluren etwa im Archivbereich; sie hat die zarte Anmutung eines Westwallbunkers. Auch die von der Mitarbeiterschaft des LKA im Vorfeld geäußerten Bedenken über den „Gefängniseffekt“ der „Kalksandsteinsichtmauerflächen der langen Flurwände“ konnten durch architektonische Maßnahmen entkräftet werden.

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