Ganz selten findet man in den Protokollen der Kirchenkreissynoden wie hier in dem Sitzungsbericht der Konvente der Reformierten Klever Classis [Kirchenkreis] vom 12. und 13. April 1695 auch eine Beschwerde über den Patron einer Kirchengemeinde. Hier beklagt sich der reformierte Prediger Heinrich Esch über die Handgreiflichkeiten seitens des Patrons der Kirchengemeinde Mörmter, den Freiherrn zu Mörmter, Wilhelm Stephan von Quadt vor der Synode.
Die Protokollanten schrieben nach Gehör beziehungsweise im damaligen niederdeutschen Dialekt, dabei kam es Ihnen auch nicht auf die Genauigkeit der einzelnen Buchstaben eines Wortes an. Eine Rechtschreibung oder Grammatik, wie der Leser sie heute kennt, gab es auch nicht.
Dort heißt es unter Gravamina [Beschwerden] in diesem Protokoll in einer Transkription:„§ 20. Dominus Esch, Prediger zu Mörmter, hat mündlich und schriftlich mit Begutachtung durch diese Versammlung wehleidig beklagt, wie der Freiherr zu Mörmter in ungestümem Eifer und Zorn, als er müde und matt von der Kanzel kam, ihm in der Kirche zugesetzt hat, nachdem dem Freiherrn die Schlüssel vom Armenstock nicht sofort bei der Hand waren, zerschlug der Freiherr den Armenstock mit einem Hammer in Stücke und nahm das Geld daraus. Ihm, Esch, den Predigermantel durch einen Lakai von Haus Mörmter abnehmen ließ und als er seinen Mantel von dem Lakai zurück wollte, in der Kirchentür stehend, ihm die beiden Fäuste ins Gesicht zu gestoßen, am Arm gepackt, ihn sowohl in der Kirche selbst, als auch draußen auf dem Kirchenhof schmerzlich und schändlich verprügelt hat und zwar ohne besonderen Grund. Die Classis möge sich dieser, dem Ministerium zu großem Respekt gereichenden Sache annehmen. Hierüber hat sich Classis sehr betrübt, hofft aber, seine Kurfürstliche Durchlaucht werde hier gnädig versehen, wozu auch die Classis das ihrige tun wird.“1
Der Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg bekam zwar von der Klever Synode eine Mitteilung über diese Handgreiflichkeiten. Doch wie reagierte der Kurfürst auf diesen Bericht? Es gab für den Prediger keine Wiedergutmachung, wie man in seiner Geschichte der Gemeinde Mörmter nachlesen kann: „Nichts aber erfolgte hirauf, alß daß sie zu Cleeff still, da sie sonsten auch gegen mich etwas sollten tentiert [tentieren=prüfen] haben.“ 2
Auch in den späteren Protokollen findet man keinen genauen Hinweis, warum der Patron der Gemeinde Mörmter handgreiflich wurde. Allerdings berichtet Prediger Heinrich Esch in seiner „Geschichte der ev. Gemeinde Mörmter bei Xanten von 1687 – 1715 von Konflikten, die der Patron verursacht hatte: Der Patron von Mörmter berief Prediger Esch, ohne die Kirchenordnung einzuhalten. Der Patron hatte demnach nur ein Vorschlagsrecht gegenüber der Klever Synode und der Gemeinde Mörmter.3 Diese waren jedoch nicht um Zustimmung zu dieser Berufung gebeten worden. Zudem zahlte der Patron das Gehalt unpünktlich, schreibt Heinrich Esch in seiner „Geschichte der ev. Gemeinde Mörmter bei Xanten von 1687-1715“ Seite 96. Der Patron verstarb am 20. Dezember 1695 und wurde vermutlich von seinem Prediger Heinrich Esch beerdigt. 1712 wurde Peter Otto Bonecamp Patronatsherr über die Gemeinde Mörmter. Der neue Patron und Freiherr von der Hoeven musste wegen der Schuldenlast den Rittersitz Mörmter 1729 verkaufen.
Prediger Heinrich Esch verstarb am 18. Februar 1733 nach fast 53 Jahren Predigerdienst in der Gemeinde Mörmter.
In der Archivbibliothek kann folgende Literatur zur Kirchengemeinde Mörmter und Prediger Heinrich Esch ausgeliehen werden:
↩ 1. Sitzungsberichte der Convente der Reformierten Klever Classis von 1671 bis 1719
↩ 3. Wilhelm Thomas: Die Herrlichkeit Mörmter und die Kirche zu Duisterfeld S. 53
4. Wolfgang Petri: Die Reformierten klevischen Synoden im 17. Jahrhundert Bd. 3 1673-1700 S. 217