Eine Festzeitung von 1897 und was dahinter steckt

In Archiven freut man sich immer wieder über unerwartete Bestandszugänge von privater Seite. So haben wir jetzt von Nachfahren der rheinischen Pfarrerfamilie Engelbert ein Konvolut mit persönlichen Unterlagen vor allem aus der Zeit des Kaiserreichs erhalten. Dazu zählt eine großformatige und aufwändig gestaltete Festzeitung, die am 8. August 1897 anlässlich des fünfzigjährigen (sic!) Dienstjubiläums von Pfarrer Richard Engelbert als Leiter der Diakonenanstalt Duisburg erstellt worden war.

Jubiläumszeitschrift zum 50-jährigen Amtsjubiläum von Direktor Richard Engelbert, aus Bestand: AEKR 8SL 045 (Biografische Sammlung), Richard Engelbert

Aus diesem Anlass wurde er mit dem Roten Adlerorden 3. Klasse ausgezeichnet. Der Festgottesdienst fand in der Duisburger Salvatorkirche statt. Highlight des Tages war die Grundsteinlegung der neuen Anstaltskirche. Wer war aber Richard Engelbert?

1820 in Barmen als Sohn eines Schneidermeisters geboren, übernahm der junge Pfarrer 1847 die Leitung der damaligen Pastoral-Gehülfen-Anstalt in Duisburg. Diese war 1844 von Theodor Fliedner gegründet worden und diente der Ausbildung von Männern „zur Förderung der christlichen Pflege, Erziehung und Seelsorge“. Aufgenommen wurden ledige Bewerber evangelischer Konfession im Alter zwischen 18 und 40 Jahren.

25 Jahre Diakonenanstalt Duisburg im Jahre 1869. Mittig: Inspektor Richard Engelbert.

In Engelberts Amtszeit expandierte die nunmehrige Diakonenanstalt kräftig. Zahlreiche neue Einrichtungen wurden gegründet, u. a. zwei Krankenhäuser, das Männer-Asyl in Lintorf, das masurische Erziehungshaus in Lötzen und die Kuranstalt Siloah in Lintorf.

In den Kriegen 1864, 1866 und 1870/71 waren zahlreiche Diakone als sog. Felddiakone zur Evakuierung von Verwundeten vom Schlachtfeld und ihre Erstversorgung eingesetzt. Engelbert selbst war im August 1866 in Böhmen als Felddiakon tätig. Gegen Ende des deutsch-französischen Krieges, in dem 265 Duisburger Felddiakone im Einsatz waren. geriet Engelbert im Februar 1871 für acht Tage in Gefangenschaft.

Inspektor Engelbert im Jahre 1866.

Die okkasionelle Lyrik anlässlich des Jubiläums 1897 war nicht gehaltvoller als bei vergleichbaren heutigen Anlässen. Ich zitiere aus einem der abgedruckten Gedichte:

Glockenklänge, Festgepränge, Lobgesänge tönen heute/ Hinaus in die Weite. Es nahen die Gäste zum Jubelfeste. Des Hauses Raum umfasst sie kaum. Du fragst, was bedeute das Glockengeläute?/ Siehst dorten den Greis du im silbernen Haar? Er feiert das goldene Jubeljahr! Ein halbes Jahrhundert nun steht er, ein Streiter, im Amte als Hirte, der Anstalt Leiter./ Das freudige Streben der Jugendzeit, des Mannesalters rüstige Kraft, Die hat er dem Dienste des Herrn geweiht, Die hat er gestritten, gerungen, geschafft./ Er sandte von dorten, dem Mutterhaus, die Helfer der dienenden Liebe aus, zu pflegen die Schwachen, zu dienen den Waisen, gefährdete Jugend gen Himmel zu weisen./ Nun schaut er zurücke, ein würdiger Greis, sein Leben war köstlich, die Arbeit sein Preis. So hat er, der dienenden Liebe im Dienst, sein Pfund, nicht vergraben, er hat es verzinst. Und Gotte hat gesegnet sein redliches Streben, Denn wahrlich, solch rüst´ges, gesegnetes Leben/ Ist Wen´gen gegeben!

1905, nach 58-jähriger Amtszeit, wurde Engelbert im Alter von 85 Jahren schließlich emeritiert. Er verstarb 1910. Damit übertraf er sogar die Dienstzeit des Sohnes von Gustav Ohl, seines Amtskollegen an der Diakonenanstalt: Otto Ohl (1886-1973) wirkte von 1912 bis 1963 als Geschäftsführer der Inneren Mission im Rheinland. Aus der Diakonenanstalt Duisburg wurde 1973 das Theodor-Fliedner-Werk, seit 2001 die Theodor-Fliedner-Stiftung.

Ein Gedanke zu „Eine Festzeitung von 1897 und was dahinter steckt

  1. Sehr geehrter Herr Dr. Flesch, haben Sie vielen Dank für Ihre Information.
    Möglicherweise haben Sie jetzt einige Dokumente doppelt in Ihrem Archiv, hoffentlich auch noch Ergänzungen durch unsere Unterlagen.
    Wenn wir im Cousinen-Kreis noch mehr finden, was nach Düsseldorf gehört, schicken wir es Ihnen gerne. Dort ist, davon gehe ich aus, alles gut untergebracht und geordnet.
    Mein Vater Günther Engelbert war Archivar, daher ist mir die Arbeit nicht unbekannt.
    Viele Grüße
    Christiane Bastian-Engelbert

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