Deutscher Ev. Kirchentag in Dortmund 1963 – „Alltags-Kirchentag“ oder „Glaubensparade“?

Präeses Ernst Wilm
Hans Lachmann, Schachtel Nr. 278: DEKT Dortmund

Der westfälische Präses Ernst Wilm forderte in einem vorab geführten Interview des Magazins „Der Spiegel“: „Es soll ein Alltags-Kirchentag werden mitten im Alltag der Welt.“ Der Alltag in Dortmund werde bestimmt von Zechen und Gruben, metallverarbeiten Fabriken, und auch Verwaltungen, Banken und Versicherungen. Die Interviewer wiesen darauf hin, dass nicht alltägliche 21 Sonderzüge, 5000 Posaunen, 600 Versammlungen mit Kundgebungen und Aufmärschen und prominente Entertainer das Stadtbild bestimmen werden. Wilm entgegnete: „Es ist doch so, dass der Christ sonntags in den Gottesdienst geht und montags auf dem Bildschirm den Frankenfeld sieht.“ Peter Frankenfeld moderierte sehr erfolgreich Spielshows im Fernsehen. Das evangelische Sonntagsblatt „Der Weg“ kommentierte: „Auch Quizmaster und Schlagersänger können gute Christen sein, dass sie sich mit Freuden einer evangelischen Großveranstaltung zur Verfügung stellten und sie zu einem Erfolg ohnegleichen führten.“

Eröffung auf dem Neuen Markt
24. Juli 1963
Hans Lachmann, Schachtel Nr. 278: DEKT Dortmund

Nachdem die Glocken sämtlicher Kirchen Dortmunds eine halbe Stunde geläutet hatten, eröffnete Kirchentagspräsident Reinold von Thadden-Trieglaff auch diesen, mittlerweile 11. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dortmund am Mittwoch, 24. Juli 1963, 17.00 Uhr, auf dem Neuen Markt im Stadtzentrum, auf einem die Zuschauer hoch überragenden Podium mit Altar und Kanzel. Es war der erste Kirchentag, an dem keine Besucher aus den östlichen Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland teilnahmen.

Auskunftspavillon an der evangelischen Kirche Sankt Reinoldi
Hans Lachmann, Schachtel Nr. 278: DEKT Dortmund

Der Kirchentag brach mit bekannten Strukturen. Statt durchlaufender Arbeitsgruppen gliederten drei Arbeitstage mit je eigenem sachthematischem Schwerpunkt den Kirchentag. Vormittags begannen sie mit Gottesdiensten in den Kirchengemeinden der Quartiere. Ihnen folgten „Ausspracheveranstaltungen“ in zahlreichen, kleinen Gruppen, die mit eigens hergestellten „Anspielfilmen“ eingeleitet wurden. Erst am Nachmittag kamen die Teilnehmenden auf dem zentralen Tagungsgelände der Westfalenhalle zusammen, um hier Vorträge zum Tagesthema und die abschließenden Bibelarbeiten zu hören. „Gottesdienste in neuer Gestalt“ und große Abendveranstaltungen beschlossen den Tag.

Hauptversammlung auf der
Rennbahn Wambel
28. Juli 1963
Hans Lachmann, Schachtel Nr. 278: DEKT Dortmund

Zur abschließenden Hauptversammlung kamen am Sonntag, 28. Juli, 350000 Teilnehmende in die Rennbahn Dortmund-Wambel. Zu den Ehrengästen gehörten Bundespräsident Heinrich Lübke, Präses Kurt Scharf, Bischof Otto Dibelius, Kabinettsmitglieder des Landes Nordrhein-Westfalen und Oberbürgermeister Dietrich Keuning. Sprecher verdeutlichten in Rede und Gegenrede das Kirchentagsmotto „Mit Konflikten leben“: Vom Glück und vom Unglück, von der Ohnmacht und der Macht, vom Krieg und vom Frieden, vom Sterben und vom Leben. In seiner Predigt griff Präses Wilm die Frage auf: „Was kommt bei einem solchen Kirchentag heraus?“ Seine Antwort lautete kurz und bündig: „Das weiß Gott allein.“

3 Gedanken zu „Deutscher Ev. Kirchentag in Dortmund 1963 – „Alltags-Kirchentag“ oder „Glaubensparade“?

  1. Lieber Herr Hofferberth!
    In einem Radiobeitrag von „Kirche im WDR“ schauen wir am 19.6. zurück auf den ersten Kirchentag in Dortmund 1963. Alle Radiobeiträge gibt es auch auf unserer Internetseite http://www.kirche-im-wdr.de zum Nachhören. Für die Illustration des o.g. Beitrags auf der Internetseite würde ich gern eines der Fotos benutzen, die Sie in Ihrem Blog veröffentlicht haben, und zwar das Bild „Auskunftpavillion an der evangelischen Kirche Sankt Reinoldi, Hans Lachmann, Schachtel Nr. 278: DEKT Dortmund“. Darf ich das Bild unter Angabe der Quelle kostenfrei verwenden?
    Das wäre mir eine große Hilfe! Für eine schnelle Nachricht bin ich dankbar.
    Herzliche Grüße!
    Manfred Rütten

    • Lieber Herr Rütten,

      das Bild können Sie gern auf Ihrer Internetseite unter Angabe der Quelle verwenden. Sie können es unter der Lizenz CC-BY-SA 3.0 de kostenlos verwenden.

      Ein kleiner Hinweis noch am Rande: auf unserer Homepage findet sich unser digitales Bildarchiv (https://medienpool.ekir.de/archiv). Hier finden Sie weitere Fotos zum Dortmunder Kirchentag 1963. Auch diese Bilder, in verschiedenen Ausgabegrößen, können Sie entsprechend den CC-Bedingungen kostenfrei und in verschiedenen Dateiformaten und -größen herunterladen und verwenden.

      Beste Grüße
      Michael Hofferberth
      Archiv der Ev. Kirche im Rheinland

      • Vielen Dank für Ihre positive Antwort, lieber Herr Hofferberth! Das Foto ikl. Quellenangabe habe gerade eben auf unserer Seite eingepflegt. Sieht gut aus 😉

        Ein schönes Wochenende wünscht
        Manfred Rütten

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