60 – 40 – 30. Eine Zwischenbilanz im Archivdienst

Heute werde ich 60 Jahre alt. Mir kam die Idee einer kleinen Zwischenbilanz. Nach dem Abitur stand zunächst ein großes „?“. Eine Berufsberatung gab den Hinweis auf den Archivdienst. Interesse für Geschichte war vorhanden, wenn ich auch keinen Leistungskurs in Geschichte gewählt hatte. 1979 wurden Anwärter für den Gehobenen Archivdienst im Nordrhein-Westfälischen Hauptstaatsarchiv in Düsseldorf eingestellt. Erfahrungen eines Praktikums und eine gute Beurteilung konnten von Vorteil sein; Zeit hatte ich ja. Der damalige Leiter des Stadtarchivs Duisburg, Dr. Milz, stimmte einem knapp halbjährigen Praktikum zu. Schnell war ich von der abwechslungsreichen Tätigkeit dort begeistert. Eine Stelle hatte man dort nicht für mich, aber die Einstellung im Landesdienst gelang. Das ist bald 40 Jahre her.

Die Ausbildung im Hauptstaatsarchiv ab Oktober 1979 machte mir viel Spaß. Drei einmonatige „Informatorien“ führten mich noch einmal ins Stadtarchiv Duisburg, in das Werkarchiv von Krupp in der Villa Hügel und in das Landeskirchliche Archiv in Düsseldorf. Dort war „Sommerflaute“, der Archivleiter war den halben Monat im Urlaub und ich vermisste die Betriebsamkeit des Stadtarchivs. Es folgten 18 Monate an der Archivschule in Marburg – damals noch im ehrwürdigen Gebäude des Staatsarchivs am Friedrichsplatz untergebracht –, wir hatten vorher schon viele Stimmen der früheren Absolventen gehört, teils auch sehr kritische. Ich kam dort gut zurecht und habe eine positive Erinnerung an diese Zeit. Computer gab es noch nicht, Digitalisierung kannte man nicht; wir haben für ein Projekt noch Daten in Lochkarten geschrieben!

Nach einem letzten halben Jahr am Hauptstaatsarchiv stand die Laufbahnprüfung an. Anschließend verlangte die Bundeswehr meine Dienste. Der Plan meines Onkels, eines höheren Offiziers, mich ans Militärarchiv in Freiburg zu vermitteln, scheiterte leider daran, dass dieses keine Planstelle für einen Wehrpflichtigen hatte. Zum Glück hatte ich als Schreibfunker in Dülmen in Westfalen ein erträgliches Soldatendasein.

Ich hatte das Privileg, dass das Hauptstaatsarchiv in Düsseldorf mir eine Stelle als Archivinspektor freigehalten hatte und so begann mein Archivdienst im Schloss Kalkum bei Düsseldorf-Kaiserswerth im Januar 1984. In der Abteilung 2 – Behördenarchiv Rheinland – machte ich mich nützlich. Es waren einige gute Jahre mit der ganzen Bandbreite des Archivdienstes. Weil ich aber nicht irgendwann in den großen Betrieb des Hauptgebäudes in der Mauerstraße rotieren wollte, interessierte ich mich 1988 für eine Stellenausschreibung des Landeskirchlichen Archivs, das einen Archivar suchte, der auch die Archivbibliothek betreut. Das konnte ich mir vorstellen, hatte ich mich doch in Kalkum auch um die kleine Bibliothek gekümmert.

So wechselte ich zum Oktober 1988 in das Landeskirchliche Archiv nach Düsseldorf. Das war im vergangenen Herbst 30 Jahre her. Die Vielseitigkeit der Arbeit mit archivischen und bibliothekarischen Aufgaben – das bibliothekarische „Handwerk“ hatte ich mir aneignen müssen – hat es mir hier nie langweilig werden lassen.

60 – 40 – 30. Das Stadtarchiv Duisburg befindet sich nicht mehr im Rathaus in Duisburg; das Hauptstaatsarchiv Düsseldorf heißt Landesarchiv, hat seinen Standort ebenfalls in Duisburg und hat auch die Abteilung aus Schloss Kalkum aufgenommen. Die Archivschule in Marburg ist eine Fachhochschule geworden und hat einen modernen Zweckbau gegenüber des Staatsarchivs erhalten. Die Barbara-Kaserne in Dülmen ist kein Bundeswehr-Standort mehr. Das Landeskirchliche Archiv befindet sich weiterhin im Landeskirchenamt; die Alternative Außenmagazin oder komplett neues Gebäude bescherte uns vor zwei Jahren ein Außenmagazin in Moers. Es geht immer noch viel um Papier, aber der PC ist ja bald 30 Jahre nicht mehr aus der Arbeit wegzudenken, die Digitalisierung ist Teil des Berufsalltags, wenn auch bei uns noch nicht der Umgang mit „born digitals“. Einige Jahre werde ich noch dabei sein. Es war und ist eine gute Zeit.

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