Blut ist dicker als Weihwasser

Wie in vielen  Hunsrücker Kirchen, so ist auch in der Stephanskirche in Simmern neben dem Wappen der Grafen von Sponheim mit seinem charakteristischen Schachbrettmuster auch das weiß-blaue Wittelsbacherwappen zu sehen. Historischer Hintergrund ist, dass nach dem Aussterben des Sponheimer Grafenhauses im Spätmittelalter ein Teil seiner Gebiete an die Wittelsbacher Linien Kurpfalz und Pfalz-Zweibrücken vererbt wurde. Aus der Zweibrücker Linie ging zu Beginn des 19. Jahrhunderts das bayerische Königshaus hervor.

Wappenstein von 1557 im Chorraum der Stephanskirche Simmern mit dem kurpfälzischen Löwen, dem blau-gold geschachten Wappen der Vorderen Grafschaft Sponheim und dem weiß-blau gerauteten Wittelsbacher Wappen (Quelle: www.hunsrueck-museum.de/wp-content/uploads/2017_reformation-simmern-4.jpg)

Dass die Beziehungen zwischen Bayern und dem Hunsrück noch im 20. Jahrhundert durchaus wirkmächtig waren, beweist ein Schriftstück, das jetzt bei Ordnungsarbeiten am Aktenbestand der Kirchengemeinde Simmern zutage getreten ist. Seine Koenigliche Hoheit Prinz-Regent Luitpold von Bayern haben Allergnädigst geruht, zur Restauration der evangelischen Stadtkirche in Simmern den Betrag von 1000 M. (Eintausend Mark) zu spenden“, heißt es in einem am 11. August 1904 vom Königlich Bayerischen Hof-Secretariat ausgefertigten Schreiben.

Schreiben des Königlich Bayerischen Hof-Secretariats an das Presbyterium der Ev. Gemeinde Simmern vom 11. August 1904 (AEKR Boppard, Best. 4KG 113B, Kirchengemeinde Simmern-Altweidelbach)

In der evangelischen Gemeinde Simmern wird man sich über diesen großzügigen Zuschuss aus dem katholischen Bayern gefreut haben. Er belegt eindrücklich, dass trotz der konfessionellen Unterschiede im Bewusstsein der Zeitgenossen die alten dynastischen Verbindungen von der Isar in den Hunsrück und die gemeinsame wittelsbachische Vergangenheit noch sehr präsent waren.

 

Hinweis: Der Wappenstein wurde auch in einer Sonderausstellung zum Thema „Der Kampf um die Wahrheit – Gesellschaftlicher Umbruch, Reformation, Gegenreformation
und Konfessionalisierung im 16. und 17. Jahrhundert“ gezeigt.

2 Gedanken zu „Blut ist dicker als Weihwasser

  1. Um ganz genau zu sein, war es die Birkenfelder Nebenlinie der Zweibrücker Nebenlinie, aus der das bayerische Königshaus hervorging. Pfalzgraf Karl von Birkenfeld gilt als sein Stammvater, der Stammsitz liegt also auf dem Gebiet der rheinischen Kirche.

    • Lieber Herr Justen,
      haben Sie vielen Dank für Ihre präzisierenden Erläuterungen! Es ist richtig, dass die späteren bayerischen Könige aus der zwischen 1584 und 1724 in Birkenfelder residierenden Nebenlinie des Hauses Pfalz-Zweibrücken stammten, die von Pfalzgraf Karl begründet worden war. Allerdings darf auch nicht unterschlagen werden, dass diese Linie mit Karls Urenkel Christian III. im Jahr 1724 wieder zurück nach Zweibrücken übersiedelte, um dann zehn Jahre später die ausgestorbene Zweibrücker Hauptlinie zu beerben. Beim Anfall des bayerischen Erbes im Jahr 1799 lag also der Herrschaftsmittelpunkt seit einem Dreivierteljahrundert wieder in Zweibrücken bzw. seit dem Einmarsch der französischen Revolutionstruppen in der rechtsrheinischen Pfalz,

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