Neue Originalquellen im Nachlass von Pfarrer Paul Schneider

Der Nachlass des Pfarrers Paul Schneider , dem „Prediger von Buchenwald“, gehört zu den gefragtesten Beständen unseres Archivs. Seit Juli 2022 ist er online recherchierbar. Ein großer Teil der Originalquellen steht der Forschung online zur Verfügung. Dieses Angebot werden wir demnächst noch einmal ausbauen können, denn im November vergangenen Jahres entschieden sich die Nachkommen Paul Schneiders dazu, weitere Unterlagen an das Landeskirchliche Archiv abzugeben, die bisher noch bei Sohn Karl Adolf Schneider gelagert waren. Die fünf Aktenordner enthielten überwiegend Korrespondenzen von Paul und Margarete Schneider.

Brief von Margarete Schneider an Paul Schneider im KZ Buchenwald vom 16.06.1938, mit Stempel der Postzensur, aus Bestand: AEKR 7NL081(Pfarrer Paul Schneider), Nr. 109, 1
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Kirchenglocken als Kriegswaffe

Der Handaktenbestand des landeskirchlichen Orgel- und Glockenamtes der EKiR, ehemals Provinzialkirchliches Orgel- und Glockenamt, wird derzeit neu erschlossen. Die Laufzeit beträgt schwerpunktmäßig die Jahre 1940-1970 und der Umfang des Bestandes bemisst sich auf vier Regalmeter.

Ein besonders historisch wertvoller Teil des Bestandes sind die Unterlagen zur Glockenbestandsaufnahme im Kriegsjahr 1940. Am 26. März d.J. wurde im Auftrage des Vierjahresplans das Rheinische Konsistorium aufgefordert alle kirchlichen Bronzeglocken anzumelden und abzuliefern. Um den Bestand an Bronzeglocken ermitteln zu können, verschickte das Provinzialkirchliche Orgel- und Glockenamt Fragebögen an alle evangelischen Kirchengemeinden der Rheinprovinz. Die Gemeinden waren angehalten im Eilverfahren einen Fragebogen für jede Glocke auszufüllen und diesen umgehend an das Glockenamt zurückschicken. Anhand dieser Informationen kategorisierte das Glockenamt jede Glocke in die Gruppen A-D und gab dem Provinzialkonservator der Rheinprovinz darüber Mitteilung. Gruppe A bedeutete sofortige Abnahme und Verhüttung. In Gruppe D eingeteilte Glocken stellten einen so großen unersetzlichen wissenschaftlichen, geschichtlichen oder künstlerischen Wert dar, sodass sie von der Abnahmepflicht befreit werden konnten. Auf einem Sonderbogen konnten die Gemeinden die wertvollen Einzelglocken benennen und ihren betreffenden Wert begründen. Viele der angefragten Kirchengemeinde waren sich im Besitz einer solchen Glocke sicher und erklärten ausführlich und teilweise mit beigelegten Gutachten den besonderen Wert der Glocken.

Um ein Beispiel zu nennen, sei hier die Ev. Kirchengemeinde Sobernheim aufgeführt. BK-Pfarrer Dr. Lukas Viëtor (1877-1968) schrieb einen ausführlichen Brief zur Ergänzung der Fragebögen am 15. Mai 1940 an das Provinzialkirchliche Orgel- und Glockenamt, dass im (Ersten) Weltkrieg bereits zwei Glocken abgeliefert und nicht ersetzt worden seien. Die zwei verbliebenen Glocken hätten einen besonderen historischen und musikalischen Wert und stünden unter Denkmalschutz. Anbei fügt er folgende Abbildung der Evangelischen Kirche Sobernheim.

Abbildung der Ev. Kirche Sobernheim aus Bestand: AEKR 6HA078 (Günter Eumann _Orgel- und Glockenamt), Nr. 11
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Das Museum der Rheinischen Provinzialkirche: Ein gescheitertes Kulturprojekt in der Weimarer Republik

„Im Übrigen war es eine große Freude für mich, nach all dem hypermodernen Kitsch, den man jetzt allenthalben zu sehen bekommt, in diesen alten Formen wieder einmal gesunde Schönheit beobachten zu können. Ich möchte hoffen, dass das Museum Wirklichkeit wird.“ Arno Eugen Fritsche, der Leiter des provinzialkirchlichen Bauamtes, lässt seinen Ressentiments gegenüber Bauhaus und Neuer Sachlichkeit freien Lauf, als er im Oktober 1927 den Kapitelsaal des ehemaligen Kartäuserklosters in Köln besichtigt.

Diesen sollte er im Auftrag des rheinischen Präses Walther Wolff auf seine Eignung für ein geplantes provinzialkirchliches Museum überprüfen. Hintergrund dieses Vorhabens war die große „Jahrtausend-Ausstellung der Rheinlande“, die im Sommer 1925 in den Kölner Messehallen stattgefunden hatte.

Informationsbroschüre zu „Jahrtausendausstellung der Rheinlande, Köln 1925“, aus Bestand: AEKR 5WV 051 (Diakonisches Werk – Bestand Ohl); Nr. 1049

Raum 12 war dabei der Evangelischen Kirche gewidmet, die Räume 13-14 präsentierten die verschiedenen Arbeitsfelder der Inneren Mission. In einem Fotoalbum des damaligen rheinischen Generalsuperintendenten Karl Klingemann sind Aufnahmen der Ausstellungsräume überliefert:

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Kirchenzucht

In der Sammlung II 8SL 055B findet sich unter der Signatur 24-3 Schutz des Gemeindelebens, auch der Begriff Kirchenzucht. Ein darin enthaltenes Dokument trägt die Überschrift: Kirchenzuchtmaßregeln. Weiter heißt es: In den Kirchengemeinden der Synode St. Wendel bestehen aus der Zeit vor dem 20. Januar 1876 folgende Kirchenzuchtmaßregeln nicht zu Recht. Bevor ich diese zitiere, habe ich als Antwort auf die Frage: „Was ist Kirchenzucht“ durch die KI ChatGPT am 16.01.2024 folgende Aussage erhalten: „Die Kirchenzucht ist ein Begriff, der sich auf die Disziplinierung und Kontrolle von Mitgliedern innerhalb einer Kirchengemeinschaft bezieht. Sie wird oft von religiösen Gruppen angewendet, um sicherzustellen, dass die Mitglieder den Lehren und moralischen Standards der Kirche entsprechen. Die genaue Praxis der Kirchenzucht kann von Gemeinschaft zu Gemeinschaft variieren, da verschiedene Kirchen unterschiedliche Überzeugungen und Praktiken haben.In einigen Kirchen kann die Kirchenzucht dazu dienen, Mitglieder zu ermahnen, die gegen die Lehren oder Verhaltensstandards der Kirche verstoßen. Dies kann von milden Maßnahmen wie Ermahnungen oder Ausschlüssen aus bestimmten kirchlichen Aktivitäten bis zu schwerwiegenderen Maßnahmen wie dem Ausschluss aus der Kirchengemeinschaft reichen.Es ist wichtig zu beachten, dass die Praxis der Kirchenzucht umstritten sein kann, und es gibt unterschiedliche Meinungen darüber, inwieweit religiöse Institutionen das Recht haben sollten, das Verhalten ihrer Mitglieder zu kontrollieren und zu sanktionieren. In einigen Fällen kann es zu ethischen Fragen und Debatten über individuelle Freiheiten und Rechte kommen“.

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Findbuch zum Nachlass von Ilse Härter online

Vor einigen Jahren erregte die Evangelisch-Lutherische Kirche Lettlands (ELKL) mit einer kontroversen Entscheidung international die Gemüter. Sie nahm 2016 als erste Kirche weltweit die erst 1975 eingeführte Frauenordination zurück, welche seit der Wahl von Erzbischof Janis Vanags 1993 ausgesetzt war.

Ilse Härter wäre empört gewesen, hatte sie sich doch unermüdlich für die Öffnung des Pfarramtes für Frauen eingesetzt. Als sie schließlich im Januar 1943 dann ordiniert wurde, zählte sie zu den ersten ordinierten Theologinnen Deutschlands. Dabei hatte sie sich nicht nur in einem von Männern dominierten Berufsfeld zu behaupten, sondern sah sich auch mit Repressalien des NS-Staates konfrontiert.

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Neues Findbuch für Ortsakten online

Kirchberg, Michaeliskirche, Simultaneum – Postkarte

Der Bestand der Ortsakten 1OB 008 liegt im Archiv der EKiR in drei chronologischen Serien vor. Hintergrund der Anlage der Akten ist die Aufsichtsfunktion des Konsistoriums über die Gemeinden. Die Akten nehmen dabei Bezug auf die verschiedensten Aspekte der Organisation und Verwaltung der einzelnen Gemeinden der Rheinischen Kirche und dokumentieren damit evangelisches Leben auf lokaler Ebene. Für die Kirchengemeinden der EKiR stellen sie somit einen wichtigen Quellenfundus dar und können von komplementärer Natur zu den übrigen Akten des Konsistoriums resp. des Landeskirchenamtes, der Kirchenkreise oder sogar von Nachlässen sein.

Die erste Serie beginnt ca. 1850 und endet mit dem für alle Gemeinden vollzogenen Registraturschnitt von 1971, ausgelöst durch die Änderung der Art der Lagerung von der Liegeakte zur Hängeakte im Neubau des Landeskirchenamtes. Der Bestand wurde vor diesem Hintergrund ca. 1980 erstmals verzeichnet. Das Findbuch selber war zwar als PDF auf unserer Website online abrufbar, jedoch keineswegs datenbankfähig, sodass es ab 2022 in unsere Archivsoftware retrokonvertiert wurde und die einzelnen Akten mit der jeweiligen Bestandsignatur und -nummer ausgewiesen wurden. Nach nunmehr fast zweijähriger Arbeit an 15157 laufenden Nummern, verteilt auf 3520 Archivkartons, kann jetzt das fertige Findbuch online auf der Homepage eingesehen werden.

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Wege und Irrwege einer evangelischen Bibliothek

„Inter arma silent musae,“ im Kriege schweigen die Künste. Diese Sentenz trifft leider allzu oft zu. Umso mutiger war 1643, mitten im Dreißigjährigen Krieg, der Beschluss der Bergischen Provinzialsynode, eine eigene Bibliothek in Düsseldorf einzurichten. Ihr Bestand rekrutierte sich aus Schenkungen der Prediger, wohlhabender Bürger sowie ausscheidender Mitglieder des Presbyteriums. Im Archiv erhalten ist das kleine Quartbändchen des Zugangsregisters. So wohlausgestattet wie die hier abgebildete Universitätsbibliothek von Leiden um das Jahr 1600 dürfen wir uns das Düsseldorfer Bücherdepot nicht vorstellen. Die auf dem Kupferstich dokumentierte Ankettung der Bücher war damals üblich und der menschlichen Natur geschuldet.

Kupferstich aus: „Alma et Illustries Academia Leidensis“, aus Bestand: Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland, Archivbiliothek, Sig. Goe 945

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts geriet die Düsseldorfer Bibliothek gänzlich in Vergessenheit und wurde erst 1849 auf dem Speicher des Küsterhauses zufällig wiederentdeckt. Bis 1890 erfolgten weitere Buchspenden und Ankäufe. 1933 wurde der Bestand an die damalige Landes- und Stadtbibliothek Düsseldorf übergeben. In der heutigen ULB werden die ca. 2.600 Bände als eigener historischer Bestand „Bibliothek der Evangelischen Gemeinde zu Düsseldorf“ mit der Signatur EVG verwahrt. Immerhin 156 z. T. mehrbändige Titel stammen dabei aus dem 16. Jahrhundert, 250 Titel aus dem 17. Jahrhundert. Betrachten wir einige Titel der Sammlung genauer.

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