Trauerbeflaggung aller öffentlichen Gebäude zum Tod von Papst Pius XII. 1958 – auch von evangelischen Schulen?

Papst Pius XII

Am 9. Oktober 1958 starb in Castel Gandolfo Papst Pius XII. im Alter von 82 Jahren als Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche und als Staatsoberhaupt der Vatikanstadt. Auf Grund „einer grundsätzlichen Entscheidung des Herrn Ministerpräsidenten [Franz Meyers, CDU] nicht auf einer Anordnung des Herrn Bundesministers des Innern beruhende Beflaggungsanordnung anläßlich des Ablebens von Papst Pius XII.“ wurde eine Trauerbeflaggung aller öffentlichen Gebäude in Nordrhein-Westfalen für die Dauer von drei Tagen angeordnet (Bestand 1OB 017 I Nr. 215, Schreiben des Innenminsters NRW vom 27. Januar 1959). In anderen Bundesländern scheint es ähnliche Anordnungen gegeben zu haben.

„Nach altem Recht [steht diese Art der Beflaggung] ausländischen Souveränen“ [zu]. Auch sämtliche Schulen waren darin inbegriffen. Als in einzelnen Orten im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland auch evangelische Bekenntnisschulen zu einer solchen Trauerbeflaggung veranlasst wurden, erhielt die Kirchenleitung Anfragen von Schulleitern, wie sie sich zu verhalten hätten. Wo solche Schule bereits geflaggt hatten, kamen aus den Kirchengemeinden, zumal in Gegenden mit überwiegend evangelischer Bevölkerung, Proteste, die auch in Beschlüssen zweier Kreissynoden wiederholt wurden.

Weiterlesen

Quellen aus dem Nachlass Paul Schneiders sind jetzt online zugänglich

Der vergangene Sommer stand in unserem Archiv im Zeichen des 125. Geburtstags Paul Schneiders am 29. August 2022, einem der prominentesten Vertreter des rheinischen Protestantismus in der Zeit des Nationalsozialismus.

Wandbild von Paul Schneider, „Prediger von Buchenwald“, im Landeskirchenamt Düsseldorf, gemalt von Layla Xing

Anlässlich dieses Jubiläums wurde die Kunstaktion „Rheinische Kirchenköpfe“ mit der Präsentation des Porträts Paul Schneiders, gestaltet von Layla Xing, an einer Wand des Landeskirchenamtes abgeschlossen.

Außerdem wurde der Nachlass Paul Schneider im Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland neu verzeichnet. Das Interesse an den Originalquellen, insbesondere an den Briefserien aus der Gestapo-Haft und später aus dem Konzentrationslager Buchenwald, ist ungebrochen.

Deshalb steht seit heute, dem Todestag Paul Schneiders, der am 18.7.1939 im KZ Buchenwald ermordet wurde, ein großer Teil der bei uns vorhandenen zeitgenössischen Originaldokumente nun online auf unserer Homepage für die Forschung zur Verfügung. Neben den schon vielfach zitierten Briefen Schneiders findet sich dort zum Beispiel auch die Gefängnisbibel, die Paul Schneider während seiner Haft bei sich hatte und mit zahlreichen Randbemerkungen versehen hat.

Paul Schneider, Bibel, Randbemerkungen mit Bleistift, 29.08.1936, aus Bestand: AEKR Düsseldorf 7NL 081 (Nachlass Pfarrer Paul Schneider), Nr. 49

Das Pfarrergeschlecht Graeber: sechs Generationen, 18 Pfarrer (Teil 3)

Im dritten Teil des Blogbeitrags zur Pfarrerfamilie Graeber sollen einzelne Aspekte näher beschrieben werden, z. B. geographische Verbreitung, besondere Ämter oder auch weitere Verwandtschaften zu anderen Pfarrerfamilien.

Der Vater von Johann Wilhelm (1) war Lehrer am Niederrhein in Dinslaken. Der Niederrhein mit Haffen-Mehr, Wertherbruch, Baerl, Kalkar, Issum und Bönninghardt als Pfarrorten ist bei vier Pfarrern der ersten vier Generationen vertreten, außerdem Grefrath-Oedt in der sechsten. Bereits bei Franz Friedrich (11) kommt das Bergische Land hinzu mit Barmen-Gemarke, das erst in der fünften Generation mit Velbert (11412) und Wupperfeld (11421) und in der sechsten mit Elberfeld und Hückeswagen (114211) wieder belegt wird. Nur ein bis zwei Jahre wirkte (114) in seiner ersten Pfarrstelle am Gefängnis in Elberfeld.

Weiterlesen

Das Pfarrergeschlecht Graeber: sechs Generationen, 18 Pfarrer (Teil 2)

Im ersten Teil des Beitrags wurden die Generationen eins bis drei und die Nachkommen von Pfarrer Hermann Johann Graeber (112) vorgestellt. Heute folgen die Nachkommen seines Bruders Wilhelm Heinrich (114), in der Nachkommentafel in gelb eingefärbt:

Weiterlesen

Das Pfarrergeschlecht Graeber: sechs Generationen, 18 Pfarrer (Teil 1)

In der Geschichte unserer Landeskirche sind Pfarrergeschlechter, also die Tatsache, dass zwei oder mehr Generationen einer Familie mindestens einen Pfarrer oder – heute auch – eine Pfarrerin aufweisen, nicht selten. Etliche dieser Familien sind mir in meiner Arbeit begegnet. Mit den Pfarrern mit Namen „Graeber“ soll hier das wohl umfangreichste Pfarrergeschlecht vorgestellt werden: sechs Generationen, 18 Pfarrer; über genau 220 Jahre – 1769 bis 1989 – haben diese ihre Pfarrämter versehen!

Für die Pfarrer namens Graeber hat sich bereits 1930 der rheinische Pfarrer und Kirchenhistoriker Wilhelm Rotscheidt interessiert und „unter gütiger Mitwirkung von Herrn Pfarrer lic. M. W. Graeber in Barmen-Wupperfeld“ einen Beitrag in „Monatshefte für Rheinische Kirchengeschichte“, Jg. 24/1930, veröffentlicht. Hier sind bereits 15 Pfarrer aufgeführt, es fehlen nur die drei Pfarrer der sechsten Generation. Detailliert sind die Angaben zu Veröffentlichungen von und über die Pfarrer, so auch bei Gruch (Die ev. Pfarrerinnen und Pfarrer, Bd. 2, E-J, Bonn 2013).

Graeber, Helmut, Pfarrer ca. 1949 (siehe unten 112111)

Im ersten Teil werden hier die drei ersten Generationen und die Nachkommen von (112) Hermann Johann Graeber vorgestellt (in der Nachkommentafel oben in rot eingefärbt):

Weiterlesen

„Angebote aus Amerika liegen bereits vor“: Der Lutherfilm von 1923

Am 15. April 1923 berichtet das Düsseldorfer Sonntagsblatt, der kirchliche Anzeiger der evangelischen Gemeinden zu Düsseldorf, über ein Filmprojekt:

Lutherfilm.

Bereits seit längerer Zeit war man bemüht, einen großen Lutherfilm zu schaffen, ohne jedoch zu einem guten Ziele zu gelangen. Im Anschluss an die Worms- und Wartburgfeier in Eisenach wurde der Gedanke von neuem aufgegriffen und geht nun seiner Verwirklichung entgegen. Ein Komitee ist gebildet; die Dichtung und das daraus hervorgegangene Drehbuch sind von Pfarrer Nithack-Stahn in Charlottenburg unter Mitarbeit eines erprobten Filmsachverständigen fertiggestellt und werden geprüft. Die in Frage kommenden Lutherstädte: Eisleben, Eisenach, Erfurt, Wittenberg, Worms haben weitgehende Unterstützung des großzügigen Werkes in Aussicht gestellt. Im Laufe dieses Jahres wird in den genannten Lutherstädten mit den einzelnen Szenen begonnen werden.

Es wird gehofft, dass der Erfolg und die Verbreitung des Lutherfilms ein sehr großer sein wird; liegen doch bereits Angebote aus Amerika vor. Die Leitung des ganzen Unternehmens liegt in den Händen des ehemaligen Hofmarschalls Dr. jur. Freiherr v. d. Heyden-Rynsch in Eisenach, der diese große Sache angeregt und tatkräftig gefördert hat. Der Lutherfilm wird ein der modernen Zeit angepasstes Mittel sein, evangelisches Bewusstsein an der Gestalt und dem Lebensgang des deutschen Reformators zu stärken.

Postkarte der Evangelischen Bildkammer an den Rheinischen Provinzialausschuss für Innere Mission, Herrn Pfarrer Ohl(Leitung); Poststempel: 30.04.1924; Aus Bestand: AEKR, 5WV 051(Diakonisches Werk, Bestand Direktor Otto Ohl), Nr. 1060

Dies war seit 1911 der dritte Stummfilm, der sich mit Leben und Werk Martin Luthers beschäftigte. Entgegen den optimistischen Erwartungen des Presseberichts war dem Film, der auch unter dem Titel „Der Kampf seines Lebens“ vertrieben wurde, weder beim Publikum noch bei den Kritikern Erfolg beschieden. Es stellt sich auch die Frage, ob der ehemalige Oberhofmarschall und spätere Theaterintendant Bernhard Freiherr von der Heyden-Rynsch (1860-1931) der richtige Mann für ein modernes Filmprojekt war. Nicht in dem Düsseldorfer Artikel erwähnt wird Karl Wüstenhagen, der sowohl die Regie als auch die Hauptrolle übernahm. Später wirkte der überzeugte Nationalsozialist als Intendant des Hamburger Schauspielhauses. Interessant als Persönlichkeit ist der liberale Berliner Pfarrer Walther Nitharck-Stahn (1866-1942), der vielfältig schriftstellerisch tätig war.

Der Film ist, im Unterschied zu seinem erfolgreicheren Nachfolger von 1927, nicht erhalten. Einige Werbematerialien von 1923 wurden von den KollegInnen des Landeskirchlichen Archivs Nürnberg im Lutherjahr 2017 zu einer kleinen Ausstellung zusammengefasst.

Oberkirchenrat Dr. Nikolaus Becker – Herr über die Finanzen der rheinischen Kirche

Bei der Bearbeitung der Akten, die im Landeskirchenamt über das frühere Film Funk Fernseh Zentrum (FFFZ) in Düsseldorf geführt wurden, fielen mir drei Fotos einer Polaroid-Sofortbildkamera in die Hände. Diese zeigen Oberkirchenrat Dr. h.c. (H) Nikolaus Becker vermutlich im Jahr 1990 bei der Unterzeichnung des Vertrages über den Bau des FFFZ. Auf dem Poster an der Wand über Becker sind Ansichten des geplanten Gebäudes abgebildet.

Oberkirchenrat Nikolaus Becker bei der Vertragsunterzeichnung des FFFZ Neubaus, 1990 Fotograf: unbekannt Ort: Düsseldorf Signatur: AEKR 8SL046 (Bildarchiv), 011_0170OKRNikolausBecker

Über theologisches Leitungspersonal unserer Landeskirche haben wir schon oft in diesem Blog berichtet, über einen Juristen aus der Kirchenleitung noch nicht. Wer war also Oberkirchenrat Dr. Nikolaus Becker? Er wurde am 18.11.1929 in Stettin als Sohn des Versicherungsdirektors Arthur Becker und seiner Frau Hildegard geboren. Der Vater fiel bereits am 21. Januar 1940 als Offizier der Kriegsmarine. Mit 15 Jahren wurde Becker im Februar 1945 zu einer Panzerabwehreinheit der Hitlerjugend eingezogen, machte deren Rückzug durch Pommern mit und konnte vor dem Einmarsch der Russen von Rügen aus nach Dänemark übersetzen. Dort war er eineinhalb Jahre in englischer Kriegsgefangenschaft. Nach dem Abitur in Hamburg nahm er 1948 das Studium der Theologie auf.

Seinen weiteren Werdegang schildert die Mitgliederzeitschrift „Evangelisch“ der EKiR nach seiner Wiederwahl als Oberkirchenrat in Heft 1/1989 wie folgt:

Weiterlesen