Das Museum der Rheinischen Provinzialkirche: Ein gescheitertes Kulturprojekt in der Weimarer Republik

„Im Übrigen war es eine große Freude für mich, nach all dem hypermodernen Kitsch, den man jetzt allenthalben zu sehen bekommt, in diesen alten Formen wieder einmal gesunde Schönheit beobachten zu können. Ich möchte hoffen, dass das Museum Wirklichkeit wird.“ Arno Eugen Fritsche, der Leiter des provinzialkirchlichen Bauamtes, lässt seinen Ressentiments gegenüber Bauhaus und Neuer Sachlichkeit freien Lauf, als er im Oktober 1927 den Kapitelsaal des ehemaligen Kartäuserklosters in Köln besichtigt.

Diesen sollte er im Auftrag des rheinischen Präses Walther Wolff auf seine Eignung für ein geplantes provinzialkirchliches Museum überprüfen. Hintergrund dieses Vorhabens war die große „Jahrtausend-Ausstellung der Rheinlande“, die im Sommer 1925 in den Kölner Messehallen stattgefunden hatte.

Informationsbroschüre zu „Jahrtausendausstellung der Rheinlande, Köln 1925“, aus Bestand: AEKR 5WV 051 (Diakonisches Werk – Bestand Ohl); Nr. 1049

Raum 12 war dabei der Evangelischen Kirche gewidmet, die Räume 13-14 präsentierten die verschiedenen Arbeitsfelder der Inneren Mission. In einem Fotoalbum des damaligen rheinischen Generalsuperintendenten Karl Klingemann sind Aufnahmen der Ausstellungsräume überliefert:

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Billy Graham – ein Erweckungsprediger aus den USA auch im Rheinland

Fotograf: Hans Lachmann, Datum: 1960, Ort: Essen

In einem Artikel für das ‚Ev. Gemeindeblatt für Württemberg‘ (aufgegriffen von der ev. Zeitung ‚Der Weg‘ vom 19. Okt. 1952) klagt der Theologe Dr. Kurt Hutten (1901-1979) in seinem Beitrag „Der Hunger nach dem Wunder“ über katholische Marienerscheinungen und „treiberische(n) Evangelisationsversammlungen, in welche die Gläubigen in Verzückungen geraten und in Zungen reden und Heilung erleben“ (S. 1). Der Wunsch der Menschen nach einer übernatürlichen Erscheinung oder Erfahrung gehöre für ihn zu den Symptomen einer Zeit, die geprägt ist durch das Atomzeitalter, Weltanschauungskämpfe, Diktaturen, eine immer schneller fortschreitende Technik, Rationalisierung und Bürokratisierung. Vor der kalten Realität sucht man Zuflucht im Übernatürlichen. Das Individuum „lechzt nach dem hinreißenden Erlebnis und der frommen Ekstase“ (ebd.).

Die Zeichen resp. „Symptome der Zeit“ hat wohl auch der amerikanische Baptistenprediger Billy Graham richtig erkannt, der mit seinen Evangelisationsevents tausende Besucher anzog. William Franklin „Billy“ Graham (1918-2018), der bei einer Verkündigungsveranstaltung 1934 selber ein Erweckungserlebnis hatte und sich daraufhin dem Studium der Theologie zuwandte, avancierte zu einem der einflussreichsten christlichen Prediger des letzten Jahrhunderts in den USA. Mit wachsender Popularität baute er ein regelrechtes „Unternehmen“ um seine Person, mit eigenem Missionswerk (die Billy Graham Evangelistic Association – BGEA), Radiosendungen, Buchveröffentlichungen, Schulungen, Fernsehen und Massenveranstaltung, letztere auch als „crusades“ (Kreuzzüge) bezeichnet.

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Einweihung der Florinskirche in Koblenz am 7. September 1930

1OB 008, Nr. 14861 – Florinskirche in Koblenz

Bei Verzeichnisarbeiten an den Koblenzer Ortsakten (Bestand 1OB 008) fand sich in der Beiakte „Die bauliche Unterhaltung der St. Florinskirche in Koblenz“ (Nr. 14861) ein Bildband des Fotoateliers ‚Welt-Foto-Koblenz Lindstedt-Zimmermann‘. Darin enthalten sind Aufnahmen der Florinskirche am Tage ihrer Einweihung am 7. September 1930. Aufgenommen wurden sie von Karl Zimmermann, einem emsigen und arbeitsamen Fotografen, der nach dem 1. Weltkrieg v.a. für die Besatzungsmächte erst in Diez an der Lahn, später in Koblenz tätig war. Daneben fing Zimmermann mit seiner Kamera auch seine Umgebung ein und dokumentierte somit das Zeitgeschehen.

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Oberkirchenrat Dr. Nikolaus Becker – Herr über die Finanzen der rheinischen Kirche

Bei der Bearbeitung der Akten, die im Landeskirchenamt über das frühere Film Funk Fernseh Zentrum (FFFZ) in Düsseldorf geführt wurden, fielen mir drei Fotos einer Polaroid-Sofortbildkamera in die Hände. Diese zeigen Oberkirchenrat Dr. h.c. (H) Nikolaus Becker vermutlich im Jahr 1990 bei der Unterzeichnung des Vertrages über den Bau des FFFZ. Auf dem Poster an der Wand über Becker sind Ansichten des geplanten Gebäudes abgebildet.

Oberkirchenrat Nikolaus Becker bei der Vertragsunterzeichnung des FFFZ Neubaus, 1990 Fotograf: unbekannt Ort: Düsseldorf Signatur: AEKR 8SL046 (Bildarchiv), 011_0170OKRNikolausBecker

Über theologisches Leitungspersonal unserer Landeskirche haben wir schon oft in diesem Blog berichtet, über einen Juristen aus der Kirchenleitung noch nicht. Wer war also Oberkirchenrat Dr. Nikolaus Becker? Er wurde am 18.11.1929 in Stettin als Sohn des Versicherungsdirektors Arthur Becker und seiner Frau Hildegard geboren. Der Vater fiel bereits am 21. Januar 1940 als Offizier der Kriegsmarine. Mit 15 Jahren wurde Becker im Februar 1945 zu einer Panzerabwehreinheit der Hitlerjugend eingezogen, machte deren Rückzug durch Pommern mit und konnte vor dem Einmarsch der Russen von Rügen aus nach Dänemark übersetzen. Dort war er eineinhalb Jahre in englischer Kriegsgefangenschaft. Nach dem Abitur in Hamburg nahm er 1948 das Studium der Theologie auf.

Seinen weiteren Werdegang schildert die Mitgliederzeitschrift „Evangelisch“ der EKiR nach seiner Wiederwahl als Oberkirchenrat in Heft 1/1989 wie folgt:

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Findbuch zur Kirchenkampfsammlung V online

Auf der Website des Archivs ist nun das Findbuch des Bestandes 8SL 033 Kirchenkampfsammlung V online.

Flyer zur DC-Versammlung am 16. Okt. 1934 Bestand: 8SL 033 Nr. 62

Nach den Beständen 6HA 004 (Kirchenkampfakten Beckmann), 8SL 005 (Kirchenkampfsammlung Müller), 8SL 030 (Kirchenkampfsammlung Walter Schmidt) und 8SL 031 (Kirchenkampf-Sondersammlung) ist diese Kirchenkampfsammlung die fünfte ihrer Art. Sie entstand, als im Vorfeld der zahlreichen Veranstaltung zum 50. Jahrestag der Bekenntnissynode von Barmen 1984 umfängliches Material zum sogenannten Kirchenkampf zusammengetragen wurde. Seither nahm ihr Volumen vor allem durch punktuelle Zugänge, meist privater Abgaben (zuletzt 2021) stetig zu. In diesen Fällen lässt sich daher die Provenienz teilweise nachweisen. Für das Gros der Unterlagen ist das leider nicht der Fall.

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Der erste Rosenmontagszug nach Krieg und Krise

Blick auf die Königsallee: Foto aus Bildsammlung
des Stadtarchivs Düsseldorf veröffentlicht in :
Wintgens, Frank: Mit der Vergangenheit leben:
Feste und Feiern in Düsseldorf 1945-1955

Der Düsseldorfer Karneval har eine lange Tradition und ist hier kaum wegzudenken. Traurigerweise konnte Pandemiebedingt der Rosenmontagszug zwei Jahre lang nicht stattfinden. Und auch im letzten Jahr wurde er zunächst ins Frühjahr verschoben und schlussendlich auf Grund des Krieges in der Ukraine ersatzlos gestrichen.
Dieses Jahr soll alles wie gewohnt stattfinden und man erwartet einen riesigen Festumzug mit geschmückten Wagen und Kostümen. Wie auch in anderen Bereichen des sozialen Lebens kann man sich vorstellen, dass die Begeisterung und der Zuspruch der Einwohner groß ist und man rechnet mit einer Vielzahl von Teilnehmern.

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14. Februar – Woher kommt eigentlich der Valentinstag ?

Liebespaar am Schaufenster beim Anschauen von Trauringen Ohne Datum Fotograf: Hans Lachmann Signatur: AEKR 8SL046 (Bildarchiv)

Am heutigen Tag fühlt man sich wie jedes Jahr erschlagen von den kommerziellen Angeboten und Werbungen zum Valentinstag.
Aber woher stammt dieses Brauchtum? Die Geschichte und Herkunft des Valentinstages ist einigermaßen kompliziert. Bischof Valentin von Terni in Italien wurde oftmals mit dem gleichnamigen Priester Valentin von Rom verwechselt und quasi zu einer Person formiert, da beide am selben Tag verehrt wurden. Der Gedenktag des hl. Valentinus am 14. Februar wurde von Papst Gelasius im Jahre 496 für die ganze Kirche eingeführt. Im Jahre 1969 wurde dieser jedoch aus dem römischen Generalkalender wieder gestrichen. Das Fest des heiligen Valentinus wurde erstmals im 14. Jahrhundert, als die Tradition der höfischen Liebe ein großes gesellschaftliches Thema war. Im 18. Jahrhunderts entwickelte sich der Tag vor allem in England zu einer Möglichkeit, seine Liebe mit kleinen Aufmerksamkeiten wie Blumen und oder Grußkarten zum Ausdruck zu bringen.
Gesamteuropäisch betrachtet ist der Valentinstag ein eher neuerer Brauch, der sich vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg auf dem Kontinent ausbreitete, da er aus vorwiegend kommerziellen Gründen ab 1948 von einem Floristenverband eingeführt wurde.

Liebespaar sitzend am Fluss Ohne Datum Fotograf: Hans Lachmann Signatur: AEKR 8SL046 (Bildarchiv)
Liebespaar auf Parkbank Arm in Arm Ohne Datum Fotograf: Hans Lachmann Signatur: AEKR 8SL046 (Bildarchiv)