Kürzlich erhielt das Archiv einige Nummern des „Sonntagsblatt für die Evangelische Gemeinde Hückeswagen“ aus der Zeit des Ersten Weltkriegs.
Zufällig ist auch die Ausgabe vom 5. November 1916 dabei, deren Erscheinen also heute genau 100 Jahre zurückliegt. Es ist die Nummer 45 des im 19. Jahrgang erscheinenden Sonntagsblattes, das von den Hückeswagener Pfarrern August Bergfried und Friedrich Julius Stiehl herausgegeben wurde; diese umfasst vier Seiten, der Druck ist sehr blass (im Original).
Der Inhalt ist deutlich von den Kriegs-Not-Zeiten bestimmt: Am Beginn steht eine Dichtung Martin Luthers zu Psalm 124: „Wär Gott nicht mit uns diese Zeit, so soll Israel sagen, wär Gott nicht mit uns diese Zeit, wir müßten gar verzagen […].“ Es folgen Auszüge aus einer Predigt Luthers über Johannes 4, Vers 47-54 (Heilung des kranken Jungen in Kapernaum) und „Luthers Urteil über den Krieg“: Luther vergleicht den Krieg mit einem Arzt, der zur Rettung des Leibes „Hand, Füße, Ohr oder Augen abhauen oder verderben lassen“ muss. „… welch eine große Plage der Krieg sei, das ist Alles wahr; aber man sollte auch daneben ansehen, wie vielmal größer die Plage ist, der man mit Kriegen wehrt.“
Nach einem Bericht über die Not in Ostpreußen bringen „Kirchliche Nachrichten“ die Termine aus der Gemeinde. Aus dem letzten Beitrag von Pfarrer Bergfried erfahren wir, dass die Kirchengemeinde neben den Schulen als Sammelstelle für die Abgabe von Goldschmuck zu Gunsten der Kriegsrüstung diente:
„In beiden Pfarrhäusern ist in letzter Zeit allerlei Goldschmuck gesammelt worden – zur Einsendung an die Goldankaufsstellen. Wir freuen uns, daß das Verständnis für diese Aufgabe heimatlicher Kriegsrüstung wächst. Es gilt besonders solche Schmuckstücke zu sammeln, bei denen der Wert nicht in der Ausarbeitung, sondern im Material liegt. Ein Kunstwerk der Bearbeitung, dessen Goldmasse kaum ein einzelnes Gramm beträgt, darf ruhig zurückgehalten werden, aber für die dicken Ketten, Ringe, Armbänder, Medaillons u. dgl., bei denen das Goldgewicht größer ist, muß es jetzt heißen: Gold gab ich zur Wehr, Eisen nahm ich zur Ehr! So hats auch der Sonnenstrahl im Märlein gemeint. Außerdem sollten alle alten verbogenen und zerbrochenen Teile aus den Ecken herausgesucht und in neue Werte umgesetzt werden. Bringt sie zu den Sammelstellen in den Schulen oder in den Pfarrhäusern; es ist ganz einerlei, wer der Handlanger in diesem Vaterlandsdienste ist, es kommt nur darauf an, daß brachliegende Kräfte wirksam gemacht werden. Pfr. Bgd.„
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