Warum nicht Theologie?

Warum nicht Theologie Hrsg. Ludwig Quaas, Bibliothek Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland

Warum nicht Theologie Hrsg. Ludwig Quaas, Bibliothek Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland

Die Studierendenzahl in der Evangelischen Theologie bewegt sich seit dem 19. Jahrhundert bis in die aktuelle Gegenwart hinein in ausgeprägten Zyklen: Phasen, in denen die Kirchenbehörden eindringlich vor einem Theologiestudium warnen, stehen Zeiten gegenüber, in denen Abiturienten geradezu verzweifelt mit Werbemaßnahmen für die Beschäftigung mit dem Fach gewonnen werden sollen.

Es handelt sich um dabei präzis um jene verzögerte Angebotsreaktion, die in der Ökonomie wenig charmant, aber zutreffend als Schweinezyklus bezeichnet wird. Während folglich 1879 die Rheinische Provinzialsynode die „innerlich angeregten und geistig befähigten Jünglinge“ ansprechen will, entwirft 1932 Professor Emanuel Hirsch zur „Eindämmung und Verwendung des Theologenüberschusses“ ein Abschreckungsszenario, das sich explizit am spätmittelalterlichen Bettelmönchtum orientieren soll (Best. 1OB 002 Konsistorium, Nr. 1796).

Warum nicht Theologie Hrsg. Ludwig Quaas und Johannes Rau, Bibliothek Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland

Warum nicht Theologie Hrsg. Ludwig Quaas und Johannes Rau, Bibliothek Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland

Wiederum eine Generation später, 1963, in der Spätblüte des Wirtschaftswunders, gilt es die expandierende Zahl von Gemeinde- und Funktionspfarrstellen zu besetzen. Hierzu gibt das Landeskirchenamt in Düsseldorf die Werbebroschüre „Warum nicht Theologie?“ heraus. Die Gesamtredaktion liegt bei dem Wuppertaler Johannes Rau, damals bereits Mitglied des Landtages und (noch) Geschäftsführer des Jugenddienst-Verlages. Die Schrift stößt auf überwiegend positive Resonanz, einhellig kritisch beurteilt wird freilich das Bild auf der Schlussseite. Man sieht eine Friedhofsmauer, in die ein Stein mit folgendem Bibelwort eingelassen ist: „Es ist noch eine Ruhe vorhanden, dem Volke Gottes. So lasset uns nun Fleiß tun hineinzukommen zu dieser Ruhe!“ (Hebr. 4, 9-11)

Mit Broschüren allein ließ sich dem Problem nicht beikommen, und bereits 1968, in einem gerade für die Kirchen kritischer eingestimmten Meinungsklima, wurde eine Unternehmensberatung mit einer Studie zum Thema „Engpass Pfarrernachwuchs“ beauftragt.

Ein Gedanke zu „Warum nicht Theologie?

  1. Eine gute Erinnerung. Die Betonung liegt auf „nicht“. Man sollte sich nicht fragen „Warum Theologie?“, sondern umgekehrt der Herausforderung stand halten : „Warum n i c h t Theologie?“, denn sie ist nach K.Barth nicht anders als durch „Verwegenheit“ zu begründen. Das brachte auch mich zu dem Schluss, mit dieser Broschüre in der Hand ( später gab es sie mit einem Foto lebhaft diskutierender Studis als Titelblatt…)
    Pfarrer werden zu wollen. Verrmutlich hatten L. Quaas und J. Beckmann dieses gute Heft mit dieser Pointe ausgedacht. Und das in einer Zeit, als zB auf meinem Gymnasium ein der Entschluss Pfarrer werden zu wollen und Theologie zu studieren als verrückt oder nahezu krank galt. Zumindest hatte ich mich entsprechender Fragen von Freunden und besorgten Lehrern (!) zu stellen.

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