Jugendmitarbeiterschulung Anno 1911

Zucht-und-Ordnung-im-KiGoBereits seit dem späten 19. Jahrhundert wird die Kinder- und Jugendarbeit in der evangelischen Kirche über weite Strecken von ehrenamtlichen Kräften getragen. Dass aber in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg auch dieser Bereich gemeindlichen Lebens von den gesellschaftlichen Leitwerten der wilhelminischen Epoche geprägt war, zeigt die Anweisung für Kindergottesdiensthelferinnen und -helfer der lutherischen Gemeinde Elberfeld aus dem Jahr 1911.

 

Zucht und Ordnung – ein der reformatorischen Theologie entstammendes Begriffspaar, das sich seit dem späten 18. Jahrhundert zunehmend „verweltlichte“ – hatten im deutschen Kaiserreich einen festen Platz im gesellschaftlichen Wertekanon, und so erstaunt es nicht, dass die Elberfelder Anweisung vornehmlich aus Verboten besteht und den Helferinnen und Helfern vor allem die Rolle von Wach- und Aufsichtspersonal zugedacht ist. Die Kinder selbst werden in erster Linie als potenzieller Störungs- und Gefährdungsfaktor angesehen, den es in Zaum zu halten gilt. Es sollte noch über ein Jahrzehnt vergehen, bis in den 1920er Jahren vereinzelt neuere reformpädagogische Ansätze im evangelischen Kindergottesdienst Einzug hielten. Eine grundsätzliche Neuorientierung vollzog sich jedoch erst ab den 1960er und 1970er Jahren.

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